Gesundheit
Heutzutage geht es um „biologische Lichtplanung“
"Damals wurde erstmalig gezeigt, dass auch eine kleine künstliche Abendbeleuchtung einen negativen Einfluss auf die innere Uhr hat."
Ging es eine lange Zeit bei der Lichtplanung vor allem um Helligkeit und darum, Gebäude und Gegenstände im einem positiven Licht erscheinen zu lassen, den Blick zu lenken, Stimmungen und Atmosphären zu kreieren, so geht es heute auch um die körperliche Wirkung auf den Menschen. Wer sich heute mit biologischer Lichtplanung beschäftigt, ist in jedem Fall auf dem richtigen Weg, findet der Chronomediziner Dieter Kunz.
Tageslicht als wichtigste Lichtquelle
„Wir leben in biologischer Dunkelheit. Die Intervention findet heute bereits statt. Sie findet statt in Schulen, sie findet statt in Krankenhäusern: Stellen Sie sich Intensivstationen vor, die 24 Stunden mit heller Beleuchtung ausgestattet sind, und sie findet auch am Arbeitsplatzt statt. D.h., die derzeitigen Erkenntnisse, die es hier gibt, da können Sie eigentlich nichts falsch machen oder nichts falscher machen, als es heute schon der Fall ist. Aber wir sind sicher weit davon entfernt, sagen zu können, was eine optimale Beleuchtung ist, sowohl morgens als auch mittags als auch abends.“
Fest steht, dass blaues Licht sich massiv auf die Wach- und Ruhephasen des Körpers und somit auf den circadianen Rhythmus, also die zeitlich festgelegten und immer wiederkehrenden Abläufe im Organismus auswirken kann. Damit beschäftigen sich Chronobiologen und Chronomediziner überall auf der Welt. Als Geburtsstunde dieser Zweige der Wissenschaft werden die 1960er Jahre genannt und in einem Atemzug die sogenannten „Aschoffsen Bunkerversuche“.
1963 begann in der oberbayrischen Klostergemeinde Andechs zwischen Ammersee und Starnberger See eine auch heute noch viel zitierte Versuchsreihe zur Erforschung der inneren Uhr des Menschen. Ein Forscherteam um den Verhaltensphysiologen Jürgen Aschoff untersuchte die Frage, ob im Körper rhythmisch ablaufende Prozesse, wie beispielsweise die Körpertemperatur oder der Schlaf-Wach-Rhythmus, durch eine innere Uhr oder durch äußere Einflüsse gesteuert würden.
Zu diesem Zweck wurden freiwillige Testpersonen in eine Bunkeranlage geschickt. Diese lebten dort teils monatelang abgeschlossen von der Außenwelt. Es gab kein Tageslicht, keine Uhren, kein Radio, kein Fernsehen – also nichts, was einen Rückschluss auf die Tageszeit zugelassen hätte.
Die Forscher untersuchten das Verhalten der Probanden und dokumentierten beispielsweise die Zeiten ihrer Nahrungsaufnahme und die Schlaf- und Wachphasen. Das Ergebnis: Die rhythmischen Prozesse im Körper blieben erhalten, nur die Schlaf- und Wachzeiten der Probanden entsprachen nicht der 24-Stunden-Rhythmik der äußeren Welt. Im Bunkerversuch schien die innere Uhr der Probanden eher im 25-Stunden-Takt zu ticken.
„Die Bunkerversuche von damals waren aber auch in Teilen falsch. Damals hat man ja herausgefunden, dass die innere Uhr auf 25 Stunden tickt, das war aber dem geschuldet, dass man damals davon ausgegangen ist, dass man in diesen Bunkerversuchen gar kein Licht hatte. Das stimmte aber gar nicht. Die Studenten, das waren im wesentlichen Studenten, die für ihre Examina lernten und das ganz angenehm fanden, die hatten immer noch eine Nachttischlampe, mit der sie dann auch lesen konnten. Damals ging man nur davon aus, dass dieses kleine Licht am Abend keinen Einfluss auf die innere Uhr hat, was aber falsch war. Damals wurde eigentlich erstmalig gezeigt, das weiß man nur erst heute, dass diese Abendbeleuchtung, auch kleine Abendbeleuchtung, dass die einen negativen Einfluss auf die innere Uhr hat.“
Quelle: Deutschlandfunk Kultur